Bundesgerichtshof schränkt Verfahren nach dem KapMuG ein

Der Neigung der Instanzgerichte, Verfahren, insbesondere solche, die wegen Prospektfehlern bei geschlossen Fonds mittlerweile zahlreich im Klageregister registriert sind und bei denen oftmals zugleich Falschberatungen geltend gemacht werden, mittels eines weiten Verständnisses der Abhängigkeit nach § 8 Absatz I KapMuG leichthin auszusetzen, hat der BGH (XI. Zivilsenat) mit Beschluss vom 30.4.2019 einen deutlichen Riegel vorgeschoben: 

Schon mit Blick auf den verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz effektiven Rechtsschutzes und die den Parteien bei vorschneller Verfahrensaussetzung drohenden Nachteile müsse § KAPMUG § 8 KAPMUG § 8 Absatz I KapMuG eng ausgelegt werden und setze eine Aussetzung die Überzeugung des Gerichts nach § ZPO § 286 ZPO voraus, dass die Entscheidung von den Feststellungszielen im Musterverfahren abhängt, so dass unter Umständen erst einmal durch Beweisaufnahme geklärt werden muss, ob nicht unabhängig von möglichen Prospektfehlern schon der Klage stattzugeben ist. Ferner weist der BGH darauf hin, dass der Anwendungsbereich des KapMuG nach § 1 KapMuG nur eröffnet ist, wenn öffentliche Kapitalmarktinformationen als Mittel schriftlicher Aufklärung verwendet wurden, was eine Übergabe vor Vertragsschluss in einer Weise voraussetze, dass der Inhalt noch rechtzeitig zur Kenntnis genommen werden könne. 

Nach einem weiteren Beschluss des BGH (XI. Zivilsenat) vom 30.4.2019  ist der Beschluss des Prozessgerichts über die öffentliche Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags nach 3 Abs. 2 KapMuG auch in Fällen unanfechtbar, in denen der Rechtsmittelführer geltend macht, der Anwendungsbereich des Gesetzes (§ 1 KapMuG) sei nicht eröffnet. Mit Beschluss vom 1.10.2019 bestätigt der BGH (II. Zivilsenat) eine Senatsentscheidung aus dem Vorjahr,  wonach Anträge auf Erweiterung eines Musterverfahrens zurückweisende OLG-Entscheidungen unanfechtbar sind und nicht der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegen. 

Die vom BGH am BGH 30.4.2019 propagierte enge Auslegung des § 8 KapMuG als Aussetzungsvorausetzung spielte eine zentrale Rolle auch bei der Aussetzung eines Verfahrens im Hinblick auf Ansprüche auf Schadensersatz (und im Hinblick auf Musterverfahren vor dem OLG Braunschweig und OLG Stuttgart) im Zusammenhang mit dem sog. Abgasskandal wegen Verletzung von Ad-hoc-Publizitätspflichten durch Beschluss des OLG Stuttgart vom OLG Stuttgart 29.10.2019.

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